Dienstag, 2. Juni 2009
Job weg, Frau weg...
...ein marktwirtschaftlicher Erlebnisbericht.

Am vergangenen Sonntag stand ich wie gewohnt um etwa 17.30 Uhr auf - wer es noch nicht weiß, ich schaffe zur Zeit noch nachts und schlafe tagsüber, siehe Eintrag unten - torkelte so langsam zum Herd, um Wasser für den Tee aufzusetzen und schaltet das Handy ein. Zu meiner Freude kündigte kurz darauf ein Mailboxton das Eintreffen einer Sprachnachricht an, also holte ich den Bluetooth-Ohrkopf, verband sein Signal mit dem vom Handy und hörte die Nachricht ab, während ich in der Küche weiterwerkelte. Die Stimme eines Kumpels, dessen Namen ich hier nicht erwähnen werde, obwohl er sowieso kein Deutsch kann, richtete mir Grüße aus, aber nicht so fröhlich wie sonst, sondern ganz schön bedrückt. Es gehe ihm nicht besonders, und er hätte einfach gerne mit einem anderen Kerl ein bißchen darüber gequatscht. Noch im Halbschlaf und mit noch keiner Tasse Tee in der Hand rief ich zurück.

Der Titel dieses Blogeintrags ist leider ein gängiger Spruch, und nach den Erlebnissen dieses Kumpels, die er mir geschildert hat und nach meinen eigenen in den letzten Monaten, muß ich in Anlehnung an die damals recht lustigen Spruch-Tests von Harald Schmidt und Herbert Feuerstein in der WDR-Sendung Schmidteinander leider zu dem traurigen Urteil kommen: "Der Spruch stimmt." Ich weiß, das betrifft nicht alle Frauen, da die meisten Frauen wie auch Männer herzensgute Menschen sind, und wir sind nun mal in Amerika, wo nur noch das Geld zählen soll, aber ich bin mittlerweile zu der Überzeugung gelangt, daß eine beträchtliche Anzahl von (amerikanischen) Frauen - lassen wir es auch nur eine sehr auffällige Minderheit sein - trotz der Emanzipation nicht gewillt sind, einen männlichen Partner finanziell durchzubringen, es wohl aber für selbstverständlich halten, daß der Mann im umgekehrten Fall der Frau gegenüber wie zu Omas Zeiten in der Pflicht steht. Oder kennt irgendjemand einen solchen Spruch wie "Job weg, Mann weg"? Diese Einstellung gilt auch, oder vielleicht sogar erst recht, wenn keine Kinder im Spiel sind.

Also, Ihr könnt mit Sicherheit erraten, was der Kumpel so los werden wollte. Er hat seine Arbeit verloren - heute keine Seltenheit - und die Freundin flugs hinterher, quasi im selben Luftzug. Die Beziehung war auch nicht so eine junge, ganz neue, also in der unverbindlichen Dating-Phase waren sie schon längst nicht mehr (obwohl diese sich hierzulande über Jahre hinweg erstrecken kann), sondern ein paar Jahre fest zusammen. Da gab's schon Heiratspläne und blah. Der Kumpel hatte nicht umsonst ausgerechnet mich angerufen, denn er wußte, daß er in mir einen Leidensgenossen hatte, da vor einigen Monaten ich was Ähnliches erlebt habe. Mein Erlebnis lag schon Monate zurück, und ich war schon darüber hinweg. Seine Geschichte sorgte also bei mir vor diesem Hintergrund um so mehr für Erheiterung, wie man sich das gut vorstellen kann!

Die Teekanne pfiff laut auf, was der Gesprächspartner durch den empfindlichen Bluetooth-Ohrknopf überdeutlich mitbekam, woraufhin das Gesprächsthema wie häufiger von seiner Seite aus kurz auf meine merkwürdigen Arbeits- und Schlafzeiten umschwenkte. Immer wieder beim Gegenüber ein reizvoller Gesprächsstoff, als sei ich ein Houdini der Uhrzeiten, der es aus purer Willenskraft schaffen würde, die Uhr auf den Kopf zu stellen. Bin leider kein solcher Comicheld sondern ein ganz normaler Nachtarbeiter, und seinen Gesprächsstoff fand ich ohnehin viel interessanter.

Wir ließen uns über seine (Ex)Freundin, Frauen insgesamt (sorry, ist so) und auch die Wirtschaft ungefähr eine halbe Stunde lang aus, bis es ihm was besser ging und legten dann auf. Ich ging mit Bluetooth-Knopf im Ohr wieder zur Teekanne, schlürfte Tee und rief immer noch schlaftrunken eine sehr nette (deutsche!!) Bekannte an - ihr seht, ich bin kein Frauenhaßer - aber als ihre Mailbox dranging, konnte ich nur noch faseln. Ich stammelte eine Nachricht zu Ende, schaltete das Handy über den Bluetooth im Ohr aus und machte in der Küche weiter. Das Gespräch mit dem Kumpel hatte mich doch innerlich aufgewühlt - daß ich sogar meinem Kater über besagtes Männergespräch einen kleinen Vortrag hielt (dann darf man sich mindestens einbilden, es sei kein Selbstgespräch). Dann entdeckte ich, daß der Bluetooth das Gespräch doch nicht beendet hat, und ich mußte zu meiner Peinigung feststellen, daß ich der Bekannten das ärgerliche Selbstgespräch auch noch auf die Box gequaselt hatte!

Zwar waren ich und meine ehemalige nach fast einem Jahr noch in dieser bescheuerten Dating-Phase, aber das Gespräch war schon mal beim Zusammenziehen angelangt - in Hinblick auf eine eventuelle Ehe, in den Vereinigten Staaten als Pflichtprogramm zu betrachten, denn wilde Ehe ist hierzulande nach wie vor tabu und nur den niedersten Schichten vorbehalten. Nur Neandertaler und andere Rednecks leben ohne Trauschein dauerhaft zusammen - und auch natürlich Homosexuelle, die ja im aufgeklärten Amerika erst recht nicht heiraten dürfen. Bei uns beiden kam das alles allerdings nie über reinen Gesprächsstoff hinaus. Anders als bei meinem Kumpel war der Verlust der Arbeit nicht der Auslöser für ihre Flucht - die habe ich gottseidank noch, sondern allein der Börsensturz im letzten Oktober. Das reichte, um der Dame Beine zu machen. Ironischerweise gilt meine Stelle, auch angesichts der gewaltigen Umwälzungen und der Massenarbeitslosigkeit in der US-Medienbranche als ziemlich felsenfest. Unsere Arbeit ist im Sender von zentraler Bedeutung, und wir sind bis zum Anschlag unterbesetzt, so daß manche Kollegen sichtlich unter Erschöpfungserscheinungen leiden. Wir stellen sogar noch zwei neue Leute ein, und selbst dann ist zu bezweifeln, ob die Arbeitskräfte reichen werden. Also darf ich erstmal aufatmen - man weiß allerdings nie, was im Oberstübchen der Führungsleute einer amerikanischen Firma vor sich geht oder ob doch das Fallbeil dem eigenen Nacken bald nahen wird.

Apropo amerikanische Verhältnisse: Das wahrhaft Erstaunliche in beiden Fällen, dem meinigen wie auch dem des Kumpels, ist daß die Frauen gut verdienen, in meinem Fall betrug die Höhe vom Gehalt der Frau fast das Doppelte von dem meinen, das obwohl hierzulande kein Goldregen beileibe auch kein Pappenstiel ist. Noch erstaunlicher die Tatsache, daß beide Frauen daraus kein Hehl machten, daß sie nun einen Mann mit mehr Geld suchen wollten, in meinem Falle sogar einen richtig Reichen, einen Millionenschweren (kein Scherz) als sei das nun selbstverständlich ihr Anrecht als Frauen - "alle Optionen neu überdenken auch in meiner Beziehung" lautete die Begründung. Ich glaube, Treue nur gegen Bezahlung in einem solchen Ausmaß kann es wirklich nur in diesem Land und zwar auch nur in den Metropolen geben. (Es irren auch hier viele Sex-in-the-City-Neurotikerinnen umher.) Zumindest waren die Frauen ehrlich, was ich ihnen aufrichtig hoch anrechne. Und als Männer sind wir beide auch keine grobschlächtigen Machos (vielleicht das eigentliche Problem - hatte Nietsche denn Recht?), die mehr als die Frauen verdienen müssen. Wir schmeißen auch den Haushalt mit Bravour und sind seelisch und physisch zugänglich.

Ich für meinen Teil schlug der betreffenden Frau - rein bildlich - die Tür auf den Arsch zu. Den reichen Typen hatte sie sich bereits im Internet im Vorhinein für alle Fälle ausgesucht - ich weiß es, da sie mich unbedingt auf den Laufenden halten wollte, da ich im Fall der Fälle wieder einspringen solle, weil mit mir die Beziehungsebene stimme. Ich verbot ihr nach jenem Austausch jegliche Kontaktaufnahme, woran sie sich nicht hielt, und irgendwann erfuhr ich durch eine schüchterne Mail von ihr, daß sie sich nach kurzer Zeit mit dem Reichen Schluß machte, weil er emotional nicht zugänglich sei und sie sich körperlich vor ihm ekle. Ich mailte zurück: "Schade. Ben"

Tja, "Geld schießt Tore", aber mehr nicht. Ach ja, wie gesagt, schon längst vorbei, obwohl ich mich nach dem Gespräch mit dem Kumpel wieder mal fragte, ob ich nicht zu hart mit der Frau ins Gericht ging. Oder kann ich vom Glück reden, daß ein Kelch an mir vorübergegangen ist?

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